Ein besonderes Merkmal der österreichischen Tourismusbranche ist, dass die Mehrzahl der österreichischen Betriebe Familienbetriebe sind – da gibt es dann den Seniorchef und die Seniorchefin und die Juniorgeneration mit dem Juniorchef und der Juniorchefin. Sie alle haben ihren Platz und ihre Funktion.
Jeder für sich ist ein wichtiges Zahnrad, welches das „Werkl“ am Laufen hält, der mit den eigenen Talenten und Stärken zum unternehmerischen Erfolg beiträgt. Und in diesem Zusammenspiel von Generationen, wächst die nächste Generation heran und bekommt von
Anfang an mit, was es heißt, Teil eines Familienbetriebes zu sein. In unserer 75-jährigen
Schulgeschichte, durften wir schon mehrere Generationen von Gastgeber-Familien ausbilden
und ihnen den theoretischen Grundstock liefern, den sie dann nach dem einen oder anderen Internship im Familienunternehmen erfolgreich angewendet haben und es noch immer tun.
In dieser Ausgabe holen wir die Familie Gsöls vom Gsölserhof aus Kirchberg an der Raab vor den Vorhang.
Wenn ein Familien-Betrieb eine mehr als hundertjährige Tradition vorzuweisen hat, dann hat er nicht nur die Familie geprägt, sondern auch den Ort und die Umgebung, in der er sich befindet. Er ist mit den Anforderungen und Wünschen seiner Gäste gewachsen und hat sich ständig verändert und seine eigene Identität entwickelt.
Und so wie wir Menschen mit jedem Lebensabschnitt, in den wir eintreten, verändern, so geschieht es auch mit Traditionsbetrieben.
Jede Generation prägt ihn, gestaltet ihn und formt ihn weiter.
Der Gsölserhof in Kirchberg an der Raab ist ein Paradebeispiel dafür. Er war Kulisse, Bühne, zu Hause, Herberge und Treffpunkt für Menschen von der Kaiserzeit bis in digitale Zeitalter.
Begonnen hat alles im Jahre 1890. Blasius und Theresia Gsöls kauften die Liegenschaft und gründeten eine Landwirtschaft mit hauseigener Fleischerei und Gastwirtschaft. Nach den Entbehrungen des ersten Weltkriegs wurde die Wirtschaft in den Zwanzigern an die nächste Generation weitergegeben.
1933 begann der erste große Umbau und die ersten Gästezimmer des heutigen Gsölserhofes entstanden.
Mutig in die neuen Zeiten
Doch die erste große Blütezeit erlebte der Familienbetrieb in der Nachkriegszeit, dank der aufstrebenden Clement Mühle, die sich in unmittelbarer Nähe befindet. Durch Sägewerk, Mühlbetrieb und Ölpresserei herrschte stets große Betriebsamkeit und die Nachfrage nach einem guten Gasthof war stets groß.
Anfang der 60er Jahre übernahm die dritte Generation der Familie das Steuer. Mit dem Wandel der Zeit und dem höheren Freizeitbewusstsein, veränderte sich auch das Angebot des Gsölserhofes. In dieser Zeit wurde der Betrieb angepasst und man begann ihn auch als Sportstätte auszurichten. Tennisplätze und eine Tennishalle wurden errichtet und dank Irmgard Gsöls mit ihren ausgezeichneten Kochkünsten kam das leibliche Wohl auch nicht zu kurz.
Dieses neue Angebot war ein Wendepunkt für das Familienunternehmen, denn durch die strategische Neuorientierung auf die Sportinfrastruktur und die Gastwirtschaft wurde der Schlacht- und Fleischerbetrieb endgültig eingestellt.
Fokus auf Sport und weitere Umbauten
1984 übernahm Wolfgang Gsöls nach seinen Ausbildungsjahren an den Tourismusschulen Bad Gleichenberg den elterlichen Betrieb gemeinsam mit seiner Gattin Irene in vierter Generation. Die Beiden begannen noch stärker den Gsölserhof für sportbegeisterte Urlauberinnen und Urlauber weiterzuentwickeln. In dieser Zeit entstand ein Spa-Bereich, ein neues Restaurant, ein Seminarraum sowie Erneuerungen in der Tennishalle und im Außenbereich.
Seniorchefin Irmgard Gsöls war damals noch sehr umtriebig in der Küche und steht auch heute noch mit Erfahrung und Tatkraft zur Seite, wenn Hilfe gebraucht wird.
Wolfgang und Irene Gsöls sind ihrem Haus nun schon seit mehreren Jahrzehnten mit Leib und Seele verbunden.
Irenes Reich ist die Küche. Sie leitet das Küchenteam und verwöhnt die Gäste mit regionalen Köstlichkeiten. Wolfgang ist ein Wirt, wie er im Buche steht. Mit Witz, Charme und Weinwissen umsorgt er die Gäste im Service.
Die neue Generation ist schon im Rennen
Schon in ihrer Schulzeit an den Tourismusschulen Bad Gleichenberg half Hannah Gsöls an den Wochenenden zu Hause aus.
2017 schloss Hannah die Höhere Lehranstalt für Tourismus ab. Danach zog es sie hinaus in die weite Welt, um andere berufliche Erfahrungen zu sammeln. Bis sie sich 2020 dazu entschloss, ihre Rolle im Gsölserhof einzunehmen und so die nächste und fünfte Generationenphase des geschichtsträchtigen Hauses einzuläuten. Hauptsächlich in der Küche, ist sie aber dennoch überall zu finden, wo man sie braucht, egal ob Service, Eventplanung, Backoffice oder als Gastgeberin.
Stillstand kommt für die Familie Gsöls jedenfalls gar nicht in Frage. Im Oktober 2022 begann sie mit dem nächsten großen Umbau. Innerhalb von sechs Monaten entstanden fünf neue Gästezimmer und ein modernes Eingangsfoyer.
Das Haus hat sich über die letzten 130 Jahren immer wieder weiterentwickelt, wurde laufend angepasst an die jeweilige Zeit. Dennoch war und ist der Gsölserhof seit nunmehr fünf Generationen ein Aushängeschild steirischer Gastlichkeit und regionaler Kulinarik und wird es auch in Zukunft bleiben…..
Zitate TSBG-AbsolventInnen:
Wolfgang Gsöls (GFS, 1980):
Meine Zeit an den Tourismusschulen Bad Gleichenberg liegt schon etwas zurück, doch sie bleibt für mich unvergesslich. Dank dem Internat, welches damals noch am Wochenende zu besuchen war, konnte ich fernab vom Betrieb zu Hause freie Wochenenden genießen. 😉
Hannah Gsöls (HLT 2017):
Kaum zu glauben, dass meine Schulzeit bereits sechs Jahre zurückliegt. Ich wurde nicht nur fachlich auf das Leben als Gastronomin vorbereitet, sondern durfte mir auch eine selbstständige Lebensweise aneignen, was mir auf meinem späteren Lebensweg durch unterschiedlichste Bereiche sehr geholfen hat. Seit nunmehr zwei Jahren bin ich im elterlichen Gastronomie- und Hotelbetrieb eingestiegen und bereue diese Entscheidung keine Sekunde lang.