Liebe Sonja, Stichwort Gast der Zukunft:
Welche Bedürfnisse und Ansprüche, welches Luxusverständnis bzw. welche Anforderungen werden Gäste in der Zukunft haben?
Die Schere geht in allen Bereichen auseinander, so auch in der Gastronomie. Einerseits haben wir eine schnelllebige Zeit mit vielen Unsicherheiten. Viele Menschen greifen entweder aus Zeitgründen oder auf Grund eines Mangels an Verständnis auf Systemgastronomie zurück. Andererseits sehen wir gerade in unserem Betrieb, dass unsere Gäste es besonders wertschätzen, dass sie beim Namen genannt wird, dass sie persönlich wahrgenommen werden und ein Mensch auf sie zugeht. Diese soziale Interaktion ist so gefragt wie noch nie. Unser Produkt ist nicht nur Essen und Trinken, es ist das gesamte Paket mit dem menschlichen Austausch. Darüber hinaus verschwinden traditionelle Stereotypen. Wir haben verstärkt Mittagsgäste, die einfach zu uns kommen, weil beide berufstätig sind und die Frau nicht mehr das Kochen übernimmt, gleichzeitig steigt das Interesse für das Kochen bei den Männern immer mehr. Wir sehen das stark bei den Teilnehmern unserer Kochkurse. Auffallend ist auch, dass bei den Gästen die Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitern stetig wächst. Das ist auch der Grund, weshalb wir unsere Mitarbeiter dahingehend intensiv trainieren.
Gäste, die sich kulinarische Erlebnisse wie bei uns leisten können, haben natürlich einen gewissen Anspruch, sie haben zwar in der letzten Zeit ein stärkeres Preis-Leistungsbewusstsein bekommen, aber sie gönnen sich den Luxus, weniger ausgelassen als früher, aber dafür umso bewusster und gediegener.
Für viele Menschen ist Luxus unter anderem das Erleben von Einzigartigem, also von außergewöhnliche Gästeerfahrungen. In welcher Form werden in Zukunft digitale Hilfsmittel wie virtuelle Realität oder Künstliche Intelligenz, Roboter hier eine Rolle spielen. Was haltest du davon, und wo könntest du dir vorstellen, diese Möglichkeiten einzusetzen oder setzt ihr diese bereits ein?
Eines ist sicher, ein Roboter wird meinen Wein nicht verkosten können. Wein verändert sich jedes Jahr in der Sensorik, da wird es schwer.
Wo es Sinn macht, ist beim Reservierungssystem. Wir stellen aktuell auch gerade auch auf ein Tischreservierungssystem um, um unseren Mitarbeitern, die Arbeit leichter zu machen, damit sie sich noch mehr auf den Gast konzentrieren können, anstatt vom Reservierungsprozess abgelenkt zu werden. Reservierungen kommen kurzfristiger ins Haus, trotzdem erwartet man sich sofort eine Rückmeldung. Hier machen digitale Hilfsmittel absolut Sinn.
Darüber hinaus sind diese Programme beim Stammkundenmanagement sehr vorteilhaft. Neue Mitarbeitern können so über die Vorlieben oder Unverträglichkeiten von Stammgästen informieren.
Im Luxussegment wird das Zeitnehmen und die menschliche Interaktion als der eigentliche Luxus wahrgenommen. Auch die Handys verschwinden immer mehr von den Tischen, es findet eine Rückbesinnung statt und man erkennt den Wert der Erholung des digitalen Detox.
Food- und Ernährungstrends spielen in unserer Gesellschaft eine sehr wichtige Rolle. Nach dem Motto „Du bist, was du isst“ bestimmt die Art und Weise, wie wir uns ernähren, unseren gesamten Lebensstil. Welche Entwicklungen in Puncto Ernährung werden deiner Meinung nach in den kommenden Jahren besonders wichtig werden?
Das Angebot an alkoholfreien Getränken wird stets größer und auch immer stärker angenommen. Vor ein paar Jahren waren wir noch allein auf weiter Flur, nun gibt es bereits einige Winzer, die Alternativen anbieten.
Das Feedback ist durchgehend positiv und man beschließt den Abend mit klarem Kopf. Ich selbst, schätze die alkoholfreien Alternativen auch sehr, denn auch als Gastgeberin kommt man immer wieder in die Situation mit den Gästen anzustoßen.
Fairerweise muss man sagen, dass die Zubereitung dieser no- bzw. low-Alkoholprodukte oft aufwendiger ist als einfach nur eine Flasche Wein aufzumachen. Außerdem muss man sich gerade im Foodpairingbereich sehr intensiv mit den einzelnen Zutaten und Getränken auseinandersetzen, um die perfekten Kombinationen für den Gast zu entwickeln.
Das Thema Regionalität wird auch immer wichtiger. Wir leben in einer Region mit hervorragenden Produzenten und das kann und sollte man nutzen. Natürlich wäre es leichter beim Großlieferanten den Salat zu bestellen, aber wenn man zeigen möchte, was unsere Region hergibt, ist das nicht der richtige Weg. Darüber hinaus erzählt man eine Geschichte – wo kommt das Produkt her, welche Familie steht dahinter, welche Werte?
Ein weiterer interessanter Trend sind Schmorgerichte, bzw. Gerichte mit längerer Zubereitungsdauer. Viele Gäste verbinden das mit positiven Erinnerungen an die Familie, an die Großmutter, sogenannte Wohlfühlgerichte. Man spürt nach dem Essen, dass diese Gerichte einem gut tun, frisch zubereitet aus echten Produkten von echten Menschen. Es wird immer wichtiger, achtsam gegenüber sich selbst zu sein und Dinge zu tun und zu essen, die einem gut tun.
Wir leben in einer visuellen Welt, wir vermitteln Emotionen und Bilderwelten über soziale Medien und kommunizieren auf unterschiedlichen Kanälen mit unseren Communities. Welche Bilderwelten und welche Kommunikationsformen werden deiner Meinung nach im der Luxusgastronomie die größte Rolle spielen?
Das ist ein spannendes Thema. Wir haben beispielsweise nach wie vor ausschließlich gedruckte Geschenksgutscheine aus hochwertigem Papier anstatt einer digitalen Lösung. Das hat einfach eine andere Symbolik und einen anderen Wert. Diesen Wert wollen wir transportieren.
Social Media ist wichtig, um Stimmung zu machen. Aber deshalb bucht kein Mensch bei uns. Anders ist es bei unserem Newsletter, der, auch wenn er an viele geht, doch unsere Gäste persönlich anspricht. Dort wird auch gebucht.
Nur weil ich frische Steinpilze in eine Instagramstory poste, wird sich niemand ins Auto setzen und nach Trautmannsdorf fahren, aber es bleibt in Erinnerung. Dafür ist Social Media Arbeit wichtig. Kurz gesagt, ich kann zwar Laune machen, aber um im Luxussegment erfolgreich verkaufen zu können, braucht es die persönliche Ansprache.
Was die Bilderwelten betrifft, so ist die Qualität sehr wichtig. Denn selbst ein Amateurauge kann ein gutes Bild von einem schlechten unterscheiden. Und es transportiert immer eine Wertigkeit, was ich gerade als Luxusbetrieb möchte.
Am Schluss ist es aber immer die persönliche Ansprache, die zählt. Ich möchte als Gast, als Urlauber, als Mensch wahrgenommen werden. Das wird sich auch nicht ändern. Nehmen wir zum Beispiel unsere Gästezimmer in der Vila Rosa her. Unsere Hausdame, die Waltraud macht die Zimmer sauber, und kümmert sich um den Check-In. Wir haben keine Rezeption. Sie als Mensch begrüßt die Gäste, sie ist selbst aus der Region und erklärt, wo die Gäste was finden. Sie nimmt sich Zeit. Das fasziniert die Gäste und wir bekommen nur begeisterte Rückmeldung. Diese persönliche Ansprache ist unsere Stärke und das, was uns ausmacht.
In einer Welt, in der ein Überangebot herrscht, in der es alles gibt, wird die Nutzung von Synergien immer wichtiger, um Neues zu kreieren – wie kann das der Restaurantbranche in Zukunft helfen, welche Arten von Synergien werden besonders hilfreich sein?
Im Thermen- und Vulkanland gibt es ein neues Gremium, bei dem bekannte und gewachsene Betriebe, wie Zotter Schokolade, das Weinschloss Thaller, der Hans-Peter Fink und wir darüber nachdenken, wie wir unsere Region auch in den stillen Zeiten attraktiver machen können.
Hier versuchen wir unsere Kräfte zu bündeln, denn je mehr erfolgreiche und spannende Betriebe, die eine Geschichte erzählen können, eine Region hat, desto attraktiver ist sie.
Auch die Stammgäste haben dahingehend ein großes Potential. Wenn ich meinen Gästen etwas empfehle, dann werden sie der Empfehlung auch folgen, denn sie vertrauen mir. Genauso mache ich das auch, wenn ich irgendwo hinfahre, ich frage den Experten vor Ort, wo ich hingehen soll.
Bekannte Betriebe sind in einer Region Opinion Leader und wenn diese einen Tipp geben, hat der Gast das Gefühl der exklusiven Empfehlung.
Weitere Beispiele für erfolgreiche Synergienutzung sind einerseits die Jeune Restaurateurs, mit 45 Betrieben, die sich für Events „durchtauschen“ und gegenseitig empfehlen. Und andererseits die Medienauftritte von meinem Bruder Richard, die für uns einen unglaublichen Wert haben und selbstverständlich Multiplikatoren sind.
Das Thema Nachhaltigkeit ist mittlerweile omnipräsent, wie wird deiner Meinung nach in Zukunft Nachhaltigkeit in der gehobenen Gastronomie gelebt werden?
Die nachhaltige Unternehmensführung gehört auf unserem Level der Gastronomie zum guten Ton dazu. Das braucht man nicht mehr in der Speisekarte zu erwähnen, das ist eine Selbstverständlichkeit und wird von unseren Gästen vorausgesetzt. Ich finde das gut so.
Früher hatten jene Restaurants die besten Bewertungen, in den Gourmetguides die Kaviar, Champagner, Steinbutt und Hummer auf der Karte hatte. Dann rückte die Nachhaltigkeit und die Regionalität immer mehr in das Zentrum der Aufmerksamkeit der Journalisten und dadurch ist auch ein Dominoeffekt entstanden. Die Restaurants haben begonnen sich regionale Lieferanten zu suchen, neue Restaurants legen jetzt von vorneherein den Fokus auf diese Dinge und versuchen so ihr Alleinstellungsmerkmal aufzubauen.
Ein weiteres Thema, dass die Gastronomie aktuell voll im Griff hat, ist die Mitarbeiterfrage. Wie werden deiner Meinung nach MitarbeiterInnen der Zukunft aussehen – welches Anforderungsprofil wird an sie gestellt werden & welche Erwartung werden andererseits Mitarbeiter gegenüber Arbeitgebern in der Gastronomie haben?
Ich denke, da passiert aktuell sehr viel. Die Unternehmen haben aus der Vergangenheit gelernt. Wenn man gute Mitarbeiter haben will, muss man gut mit ihnen umgehen. Dann passt es für alle.
Es muss stets das Beste für den Gast, das Beste für den Mitarbeiter, das Beste für den Unternehmer sein. Die Rädchen müssen ineinandergreifen. Wenn es bei einer Seite einen Mangel gibt, wirkt sich das auf die anderen Rädchen aus.
Es geht um Wertschätzung, jede Gruppe muss für die andere Wertschätzung aufbringen. Gleichzeitig darf man von den Arbeitnehmern auch etwas verlangen. Unsere Mitarbeiter wollen ihr Wissen unter Beweis stellen, sie wollen Teil unseres Erfolgsprojektes sein. Das ist eine bewusste Entscheidung von ihnen, und sie zeigen uns wiederum ihre Wertschätzung und kommunizieren das auch an uns. Das beginnt beim Stubenmädchen und geht über das Service bis hin zur Küche.
Wir haben heuer beispielweise nicht in die Gästehardware investiert, stattdessen in einen Wohlfühlraum für unsere Mitarbeiter. Denn wer hart arbeitet und kreativ arbeiten soll, braucht auch erholsame Pausen. Ein anderes Thema ist auch die genaue Messung der Arbeitszeit. Wir haben ein neues digitales System zur Zeiterfassung eingeführt, um für beide Seite klar aufzuzeigen, wie viel Zeit wann gearbeitet wurde. So können wir zeigen, wie viele Stunden jeder gearbeitet hat, damit es fair für beide Seiten ist.
Natürlich wollen wir unseren Mitarbeitern auch zeigen, wie schön unsere Arbeit ist, und das leben wir ihnen auch vor. Ich bin sehr dankbar und mir macht meine Arbeit in unserem Team viel Freude. Eine Besonderheit beim unserem Abendservice ist, dass die Köche und Kochlehrlinge an den Tisch kommen und das Essen vorstellen. Dadurch lernen sie diese Dimension kennen und bleiben den Gästen auch in Erinnerung. Das ist eine wertvolles Learning, gerade zu Beginn der Ausbildung. Denn Lehrlinge oder Berufseinsteiger sollen nicht das Gefühl haben, sie müssen nur die einfachen Arbeiten machen und dürfen nicht in den Vordergrund treten. Außerdem verstehen sie dadurch leichter, weshalb uns gewisse Dinge besonders wichtig sind.
Hast du zum Schluss noch eine Empfehlung für unsere SchülerInnen, wie sie in Zukunft in der Gastronomie erfolgreich sein können?
Die Leidenschaft ist essenziell! Man muss für irgendetwas eine große Freude und Leidenschaft entwickeln. Dabei sollte man ehrlich zu sich selbst sein und mutig ist seinen eigenen Weg gehen, auch wenn man von Seiten der Familie oder Freunden beeinflusst wird. Ich glaube, dass dies oft der Fall ist, dass die Eltern oder andere aus dem eigenen Umfeld versuchen jungen Menschen einen Beruf in der Gastronomie oder im Tourismus auszureden, weil es mitunter manchmal hart werden kann.
Eigenschaften wie Durchhaltevermögen und Konsequenz sind wichtig, um vorne dabei zu sein. Man kann das gut mit dem Sport vergleichen. Wenn jemand die Kristallkugel haben will, muss er etwas dafür tun.
Zwischen unserer Branche und dem Bereich des Sports kann man überhaupt zahlreiche Parallelen ziehen – Teamfähigkeit, Gas geben, Erfolg haben, Erfolge feiern, dann mehr verdienen und mehr Anerkennung bekommen. Das wird wieder mehr Wertigkeit bekommen. Denn wenn man wirklich hoch hinaus will, dann braucht es mehr als sich schon am Beginn der Schicht zu überlegen, wann man endlich fertig ist.
Außerdem muss man raus, was erleben, in Ausland gehen, Sprachen lernen, diese Gelegenheiten muss man nutzen. Es ist einfach ein schönes Erlebnis, sich in anderen Sprachen auszutauschen, Neues kennen zu lernen. Man muss sich ausprobieren, sich etwas trauen, es kann nichts passieren, man kann nur dazulernen!
Vielen Dank für das Interview!