TSBG Family – AbsolventInnen
Steckbrief: Christina Niederl
Ort: Gnas, Stmk
Schulform & Abschlussjahr: HLT 2016
Liebe Christina, wie bist du zu dem geworden, was du jetzt bist? Was waren deine wichtigsten Karrierestationen?
Die beruflichen Praxiserfahrungen während meiner Zeit an der Tourismusschule würde ich bereits als wichtigen Part meines Werdegangs und meiner Persönlichkeitsentwicklung bezeichnen. Da ich meine Pflichtpraktika bereits in der 3. Klasse zur Gänze absolviert hatte, organisierte ich mir in den beiden folgenden Sommerferien zwei Aupair-Stellen, einmal in Kanada und einmal in Costa Rica. Fremdsprachen und der kulturelle Austausch waren schon immer Elemente, für die ich Feuer und Flamme war. Somit entschloss ich mich dazu, nach dem Abschluss der Tourismusschule eine weitere Aupair-Periode in Australien anzuhängen. Aber ganz war die Passion zum Internationalen noch nicht gestillt, somit startete ich nach meiner Rückkehr nach Österreich ein Studium an der FH Joanneum in Graz im Bereich „Management Internationaler Geschäftsprozesse“. Die Highlights dieser 3 Jahre waren bestimmt das Auslandssemester in Santiago de Chile und das Praktikum in Calgary (Kanada), wo ich im Marketing eines Immobilienunternehmens tätig war. Nach dem Studium arbeitete ich noch für kurze Zeit als Assistenz der Geschäftsführung in einem Digitalisierungsunternehmen in Graz, bevor ich im Juni 2020 gemeinsam mit meiner Schwester die N&N Handel KG mit der Marke „Hofschneider Dirndln“ gründete. Mit unserem eigenen Unternehmen konnten wir seither bereits den Vifzack 2021 (Innovationspreis der Land- und Forstwirtschaft) und den 3. Platz der Steirischen Unternehmerin des Jahres 2021 gewinnen.
Du hast dein Start-up Hofschneider Dirndln gemeinsam mit deiner Schwester 2020 gegründet.
Stell doch einmal euer Startup-Projekt genauer vor…
Wer denkt, dass wir in unseren 24h Automaten Dirndl-Kleider anbieten, der liegt weit fehl. Unsere Bauernautomaten sind nämlich prall gefüllt mit regionalen Produkten direkt vom Landwirten bzw. der Landwirtin! Warum aber der Name „Hofschneider Dirndln“? Unser eigener Bauernhof in Gnas (in der Südoststeiermark) trägt den Vulgonamen „Hofschneider“. Nachdem wir drei Mädls, oder auch genannt Dirndln, zu Hause schon immer die „Hofschneider Dirndln“ genannt wurden, war sofort klar, welchen Namen unser regionales Konzept tragen wird. In Kombination mit unserem pinken Design möchten wir Innovation und Tradition optimal verbinden.
In unseren auffälligen Warenautomaten findet ihr nicht nur Grundnahrungsmittel wie Eier, Milch, Reis und Nudeln, sondern auch Schmankerln wie hausgemachte Mehlspeisen, Steirisches Popcorn für den gemütlichen Filmabend, Käse und Selchwürstel für die gelungene Jause oder auch Steirisches Kürbiskernöl für den perfekten Salat zwischendurch.
Auch Fruchtsäfte, Joghurt, Aufstriche, Snacks und Gerichte im Glas kommen bei unserem Angebot nicht zu kurz. Und das Beste daran: alles kommt direkt von unseren Bauern/Bäuerinnen aus der Region bzw. von kleinen lokalen Betrieben. Aktuell haben wir bereits über 70 verschiedene Produkte von mehr als 35 lokalen Landwirt:innen im Sortiment.
Momentan betreiben wir sechs Automaten an Standorten in der Südoststeiermark und Graz. Diese sind: Gnas, Wildon, Prosdorf, Kalsdorf, LKH Graz und Graz-St. Peter.
Was sind deine 3 wichtigsten ToDo‘s?:
- Einen gemütlichen Kaffee zum Start in den Tag trinken
- Meinen Laptop starten und anfallende Mails bzw. Social Media Nachrichten und Kommentare beantworten
- Alles rund um unsere Automaten: Warenbestände der Automaten kontrollieren, Produkte nachbestellen, Ausweitungen unseres Sortiments planen, Hilfestellungen für Kund:innen leisten, Social Media planen + Content erstellen, Rechnungen einbuchen usw.
Was liebst du an deiner Arbeit am meisten?
Die schönsten Punkte an meiner Selbstständigkeit sind für mich definitiv die freie Arbeitseinteilung, die perfekte Mischung aus Büroarbeit und Außendienst und vor allem, dass ich in allen Unternehmensbereichen tätig sein kann. Für mich war es schon immer eine Challenge herauszufinden, welche Abteilung in einer Firma für meine Interessen am besten geeignet ist. In einer Two-Woman-Show, wie meine Schwester und ich es sind, hat man die gesamte Palette an Auswahlmöglichkeiten. Da ist man nämlich so ziemlich alles: von der Marketingabteilung zur Buchhaltung, zum Controlling, Qualitätsmanagement, Lagerverwaltung, Nachbestückung und Sales. Genau diese breiten Aufgabenbereiche sind es, was meine Arbeit für mich so besonders abwechslungsreich macht und warum ich jeden Tag wirklich sehr gerne in den Arbeitstag starte!
Wolltest du schon immer in die Richtung gehen? Was waren deine Beweggründe dich selbstständig zu machen?
War das Thema eurer Geschäftsidee oder die Tatsache ein eigenes Unternehmen zu gründen ausschlaggebender und was waren die größten Herausforderungen in der Gründungsphase?
In mir schlummerte schon immer eine Unternehmerin, die nur auf die passende Idee wartete, um den Traum umzusetzen. Mein größter Beweggrund war und ist es, unsere regionalen (Klein-)Betriebe mit dem Verkauf ihrer Produkte in unseren Automaten zu unterstützen. Ländliche Betriebe leisten eine hervorragende Arbeit in der Erzeugung ihrer Lebensmittel und Getränke und diese Wertschätzung muss wieder stärker ins Licht gerückt werden. Das versuchen wir mit unserem Konzept auch so vorzuleben.
Die größten Herausforderungen in der Gründungsphase waren bestimmt die gesamte Logistik effizient aufzubauen, die finanziellen Mittel für den Kauf der Maschinen zu organisieren und neben dem Anfangsstress auch noch eine gesunde Work-Life-Balance unter den Hut zu bekommen.
Die Corona-Pandemie begleitet unseren Alltag nach wie vor. Hat euch die Krise mit eurem Geschäftsmodell besonders in die Hände gespielt? Wo war es vielleicht leichter und wo schwieriger?
Unsere Geschäftsidee entstand zwar schon vor der Corona-Pandemie, jedoch fand die gesamte Umsetzung in Lockdown-Zeiten statt. Herausforderungen hatten wir definitiv rund ums Thema Gründung und alle rechtlichen Informationen und Anträge, die dafür nötig waren. Die eingeschränkten Öffnungszeiten der dafür zuständigen Stellen und die reinen Online-Termine machten uns ab und zu einen Strich durch die Rechnung, besonders wenn es um das Tempo ging, das wir an den Tag legen wollten.
Was uns jedoch bestimmt in die Hände gespielt hat, ist die Wandlung der Einstellungen der Personen gegenüber regionaler Lebensmittel. Plötzlich wurde der Einkauf nicht nur mehr vom billigsten Produkt geprägt, sondern von der Herkunft und der Qualität der erzeugten Lebensmittel. Viele Konsument:innen haben begonnen, sich bewusst für Bauernprodukte zu interessieren und diese auf ihre Einkaufsliste zu setzen. Da kamen wir mit unserem Angebot, das zu 100% aus regionalen Lebensmittel & Getränken besteht, genau recht. Auch die 24h Verfügbarkeit spielte in Zeiten der limitierten Öffnungszeiten eine wichtige Rolle.
Als engagierte und erfolgreiche Unternehmerin muss man auch Visionärin sein und die Energie haben, diese umzusetzen. Was sind deine Visionen für euer Unternehmensprojekt? Wo soll die große Reise hingehen?
Unsere große Vision ist es, Personen an den unterschiedlichsten Orten mit unseren Bauernprodukten nahversorgen zu können. Nachhaltiges Arbeiten soll für uns immer ganz oben auf der Agenda stehen. Wir haben zum Beispiel bei allen unseren Automaten Rückgabeklappen eingebaut, damit leere Eierkartons, Gläser und Flaschen mühelos zurückgegeben werden können. Diese holen wir dann bei der nächsten Auffüllroute wieder ab und retournieren das Leergut an die jeweiligen Bauern/Bäuerinnen. Somit hat jede/r Kund/in die Möglichkeit, einen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft und somit zum Umweltschutz zu leisten. Mit solchen „kleinen“ Umsetzungen möchten wir unseren Kund:innen auch immer wieder zeigen, wie wichtig die einzelne Mithilfe für unser gemeinsames Dasein ist. Wo genau die Reise hingeht, kann ich aktuell noch nicht definieren. Aber sagen wir mal so: in meinem Kopf sind noch ganz viele Ideen, die darauf warten, umgesetzt zu werden 😉
Wir sind an der Schule besonders stolz auf unser Netzwerk und versuchen von Anfang an bei den SchülerInnen und Studierenden das Bewusstsein dafür zu schärfen, welche Relevanz es hat. Wie wichtig ist es nun wirklich als Unternehmerin, wie viel Zeit investierst du in den Ausbau und Erhalt deines Netzwerkes?
Für mich ist der Ausbau eines Netzwerkes eines der wichtigsten Dinge im Unternehmensaufbau. Ich besuche immer wieder Veranstaltungen, um neue Eindrücke zu sammeln und inspirierende Persönlichkeiten kennenzulernen. Gerade zu Beginn ist es essenziell, mit seiner Idee raus zu gehen, so vielen Leute wie möglich vom eigenen Vorhaben zu erzählen und sich dabei wertvolles Feedback einzuholen. Auch für mich waren Gespräche bei Netzwerktreffen schon des Öfteren eine tolle Möglichkeit, mein Geschäftsmodell aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten und mit einem Koffer voll neuer Ideen in die weitere Umsetzung zu starten. Ein starkes Netzwerk öffnet viele neue Türen, die man vielleicht gar nie alleine gefunden hätte.
Am besten lernt man bekanntlich aus den Fehlern und den Erfolgen anderer.
Hast du für unsere TSBG – Family ein Beispiel für deine persönlichen Karriere-Do and Don’ts?
Ein DON’T wäre es, sich nur rein auf den Unternehmensaufbau zu konzentrieren und Ruhezeiten und Pausen zu vernachlässigen. Der Anfang ist nie einfach und er nimmt definitiv sehr viel Zeit in Anspruch, aber gerade in dieser Aufbauphase bringt Freizeit ganz viel Motivation, um mit voller Energie weiterzumachen.
Ein absolutes DO ist es meiner Meinung nach, sich laufend Feedback einzuholen. Das macht ihr am besten nicht nur mit Freund:innen und Verwandten, die eure Ideen ja hoffentlich sowieso sehr unterstützen, sondern mit externen Personen. Ein Blick von außen kann oft Wunder bewirken, besonders wenn man mal nicht weiter weiß.
Ein weiteres DO besonders für alle Unternehmerinnen da draußen: Steht selbstbewusst zu dem, was ihr macht. In einer Welt, die doch noch sehr stark von männlichen Entscheidungsträgern geprägt ist, fällt es als junge Frau oft schwer sich durchzusetzen bzw. von Anfang an ernst genommen zu werden. Somit mein Appell an euch: Geht’s raus, steht’s zu eurer Geschäftsidee und lasst’s euch nicht unterkriegen.
Fotorechte: Nicole Viktorik